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BeitragVerfasst: Fr 21. Okt 2016, 14:11 
Administrator

Registriert: Mi 21. Nov 2012, 02:44
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Da es bei Lorber neben theologischen Themen auch wiederholt um kosmische Ordnungen geht, zitiere ich den nun aktuellen Stand der weltlichen Forschung, die nun von der Entdeckung einer neuen kosmischen Großstruktur ausgeht, an deren Rand sich die Milchstraße befindet und die soetwas wie einen gemeinsamen Mittelpunkt zu haben scheint.
Zitat:
Aus der Datenflut schälte sich schließlich ein unerwartetes Muster heraus: die Umrisse einer nie gesehenen kosmischen Struktur. In einem mehr als 400 Millionen Lichtjahre großen Einzugsgebiet streben alle Galaxien einem gemeinsamen Punkt oder Attraktor zu – wie Wasser, das sich am tiefsten Punkt einer Landschaft sammelt. Ohne die kosmische Expansion würden sich diese Galaxien zu einem kompakten, durch Schwerkraft gebundenen Gebilde vereinen. Insgesamt bildet der riesige Schwarm den Laniakea-Superhaufen.

[...]

Derzeit sind die Pekuliargeschwindigkeiten nur für 20 Prozent der Galaxien in dem Superhaufen bekannt, und viele Entfernungsmessungen mit Standardkerzen bleiben sehr unsicher.

Eine imaginäre Reise durch unsere neu entdeckte Heimat Laniakea beginnt auf der Erde. Diese wandert mit rund 30 Kilometer pro Sekunde um die Sonne, die ihrerseits mit 200 Kilometer pro Sekunde das galaktische Zentrum umkreist. Die gesamte Lokale Gruppe einschließlich der Milchstraße rast mit mehr als 600 Kilometer pro Sekunde auf eine geheimnisvolle Massenkonzentration im Sternbild Centaurus (Zentaur) zu. Wenn wir die Milchstraße verlassen, begegnen wir zwei "nur" 180 000 bis 220 000 Lichtjahre entfernten Zwerggalaxien, der Kleinen und Großen Magellanschen Wolke. Sie erscheinen an unserem Südhimmel und lassen sich am besten von der Antarktis aus im Winter sehen. Für das bloße Auge ist sonst nur noch die Andromeda-Galaxie in klaren Nächten als schwaches Fleckchen sichtbar.

Diese mächtige Spiralgalaxie liegt 2,5 Millionen Lichtjahre entfernt und bewegt sich mit einer Pekuliargeschwindigkeit von 110 Kilometer pro Sekunde auf uns zu. In ungefähr vier Milliarden Jahren wird Andromeda frontal mit der Milchstraße zusammenstoßen und beide Galaxien in ein strukturloses Ellipsoid aus alten roten Sternen verwandeln. Unser Sonnensystem dürfte davon kaum tangiert werden; dafür sind die Abstände zwischen den Sternen zu groß. Milchstraße, Andromeda und vier Dutzend weitere Galaxien gehören zur Lokalen Gruppe, die mit ihrer Schwerkraft die kosmische Expansion überwindet und langsam kollabiert. Wie die Milchstraße mit ihren Magellanschen Wolken haben all diese großen Galaxien ihr Gefolge von Zwerggalaxien.

Jenseits der Lokalen Gruppe, in einem rund 25 Millionen Lichtjahre großen Gebiet, erscheinen auf unserer Karte drei auffällige Gebilde. Die meisten Galaxien dieser Region, unsere Milchstraße eingeschlossen, bilden die Lokale Schicht. Diese ist sehr dünn: Ihre Galaxien liegen nur höchstens drei Millionen Lichtjahre entfernt von der Äquatorebene des so genannten supergalaktischen Koordinatensystems. Unterhalb dieser Ebene liegen in einigem Abstand ein Filament von Galaxien – der Leo-Sporn – sowie die Galaxien der Antlia- und Dorado-Wolken. (Die lateinischen Namen bezeichnen die Sternbilder Löwe beziehungsweise Luftpumpe und Schwertfisch.) Oberhalb der Ebene gibt es kaum etwas; dort herrscht der Lokale Leerraum.

Betrachtet man nur die Galaxien innerhalb der Lokalen Schicht, so sieht alles ganz friedlich aus. Diese Galaxien streben im Tempo der kosmischen Expansion auseinander; ihre durch lokale Wechselwirkungen verursachten Pekuliargeschwindigkeiten sind klein. Auch die unterhalb der Lokalen Schicht liegenden Galaxien der Antlia- und Dorado-Wolken und des Leo-Sporns haben geringe Pekuliargeschwindigkeiten, bewegen sich aber sehr schnell auf die Lokale Schicht zu. Daran ist wahrscheinlich der Lokale Leerraum schuld. Leerräume expandieren wie aufgeblasene Luftballons; an ihren Rändern sammelt sich Materie, weil sie von verdünnten zu verdichteten Regionen wandert und kosmische "Mauern" bildet. Letztlich ist die Lokale Schicht eine Mauer des Lokalen Leerraums, und dessen Expansion treibt uns abwärts zu Antlia, Dorado und Leo.

Weiter draußen begegnen wir dem Virgo-Haufen (benannt nach dem Sternbild Jungfrau), der das Dreihundertfache der Lokalen Gruppe in ein Volumen mit 13 Millionen Lichtjahren Durchmesser quetscht. Seine Galaxien flitzen mit rund 700 Kilometer pro Sekunde umher; in einem Umkreis von 25 Millionen Lichtjahren stürzen alle Galaxien außerhalb des Haufens auf ihn zu und binnen zehn Milliarden Jahren in ihn hinein. Der gesamte Einflussbereich des Virgo-Clusters hat gegenwärtig einen Radius von 35 Millionen Lichtjahren. Interessanterweise liegt unsere Milchstraße mit einem Abstand von 50 Millionen Lichtjahren knapp außerhalb dieser Einfangzone.

Das größere, bis zu uns reichende Gebiet um den Virgo-Cluster heißt Lokaler Superhaufen. Vor fast 30 Jahren entdeckte eine Gruppe von Astronomen mit dem Spitznamen "Die sieben Samurai", dass sich nicht nur die Milchstraße, sondern der gesamte Lokale Superhaufen mit hunderten Kilometern pro Sekunde auf Centaurus zubewegt. Sie nannten die mysteriöse Masse, die alle diese Galaxien anzieht, den Großen Attraktor. In vieler Hinsicht ist der Große Attraktor gar nicht so geheimnisvoll: In dieser Richtung ist die Massendichte offensichtlich hoch, denn dort liegen innerhalb eines 100 Millionen Lichtjahre großen Gebiets sieben mit dem Virgo-Cluster vergleichbare Haufen – insbesondere Norma (Winkelmaß), Centaurus und Hydra (Wasserschlange).

Eigentlich verstehen wir unter Superhaufen kosmische Einzugsgebiete, deren Grenzen durch gegensätzliche Galaxienbewegungen festgelegt sind. Insofern trägt der Lokale Superhaufen einen falschen Namen, denn er ist nur Teil von etwas Größerem – eben Laniakea –, das noch andere Großstrukturen umfasst, wie das Pavo-Indus-Filament (lateinisch für das Sternbild Pfau-Indianer) sowie den Ophiuchus-Haufen (nach dem griechischen Namen des Sternbilds Schlangenträger). Wenn wir Laniakea mit einer Stadt vergleichen, wäre der Große Attraktor die verkehrsreiche Innenstadt. Wie bei den meisten Stadtzentren fällt es schwer, den genauen Mittelpunkt anzugeben, aber er liegt ungefähr zwischen dem Norma- und dem Centaurus-Haufen. Unsere Milchstraße befindet sich weit draußen in einer Vorstadt, die schon fast an den Rand eines benachbarten Superhaufens namens Perseus-Pisces grenzt (Pisces ist der lateinische Name des Sternbilds Fische). Dieser Rand liegt uns nahe genug, so dass wir ihn detailliert untersuchen können, um Laniakeas unscharfe, halbwegs runde Grenze zu definieren; sie umschließt ein Volumen mit einem Durchmesser von einer halben Milliarde Lichtjahre. Insgesamt enthält Laniakea eine Menge an gewöhnlicher und Dunkler Materie, die rund 100 Millionen Milliarden Sonnenmassen entspricht.

Eine grobe Ahnung von den außerhalb von Laniakea liegenden Strukturen besitzen Astronomen schon seit Jahrzehnten. Bald nachdem die sieben Samurai den Großen Attraktor entdeckt hatten, zeichnete sich direkt hinter ihm, aber dreimal weiter entfernt, eine monströse Ansammlung von Clustern ab – die dichteste im lokalen Universum. Seit der US-Astronom Harlow Shapley (1885-1972) in den 1930er Jahren erste Indizien dafür aufspürte, heißt dieses ferne Riesengebilde Shapley-Superhaufen. Zufällig liegt es wie die Lokale Schicht, der Virgo-Haufen und der Große Attraktor in der supergalaktischen Äquatorebene. Somit gleicht unsere kosmische Umgebung einem riesigen Pfannkuchen aus galaktischen Superhaufen.

Was verursacht die Pekuliargeschwindigkeit unseres Lokalen Superclusters von 600 Kilometern pro Sekunde? Bis zu einem gewissen Grad muss der Große Attraktor daran schuld sein. Doch wir sollten auch die Gravitationsanziehung des Shapley-Superhaufens in Betracht ziehen; er ist zwar dreimal weiter entfernt, umfasst aber viermal so viele Haufen. Gemäß dem Cosmicflows-2-Katalog, dem wir auch die Entdeckung von Laniakea verdanken, könnte sogar noch mehr im Spiel sein. Die Pekuliargeschwindigkeiten der 8000 im Katalog erfassten Galaxien zeigen eine gemeinsame Strömung zum Shapley-Superhaufen an. Dieser Fluss betrifft den gesamten Katalogbereich mit einem Durchmesser von 1,4 Milliarden Lichtjahren. Ist unser kosmisches Zuhause damit endgültig umschrieben? Das wissen wir nicht. Erst noch größere Surveys, die noch riesigere Abschnitte des Universums vermessen, werden die ultimative Struktur enthüllen, die den Strom der Galaxien in unserer kosmischen Umgebung anzieht.

http://www.spektrum.de/news/laniakea-gi ... kt/1426737


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